Das besondere Fossil

September 2009- Benthische Organismen in Weichteilerhaltung und deren Spuren
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Maßstab = 10 mm
Oberer Muschelkalk, Bereich der evolutus-spinosus Zone Troistedt
Dirk Knaust, Stavanger

Beschreibung:

Die mikrobiell veränderte Schichtfläche (diagonale Streifung) ist durchschnitten von einer anfänglich dreiteiligen Curvolithus-artigen Spur (C), deren Begrenzung und langgestreckte Wülste nachträglich durch mikrobiellen Überwuchs (Pusteln) verwischt wurden. Am vorderen Ende dieses großen Spurenfossils ist ein milchiger Kalzitaggregat mit bräunlichem Limonitsaum zu sehen, der die Form eines zusammengezogenen Plattwurms hat (Platyhelminthes, f) und dessen Abdruck seines hinteren Endes (tp) erhalten ist. Der vordere Teil der Spur ist durch dünne Riefen begrenzt.

Bei genauer Betrachtung ist zusätzlich eine reichhaltige meiobenthische Fauna zu sehen (Organismen mit einer geringsten Größe zwischen 0.06 und 1 mm), deren haarfeine Spuren sich in die Schichtfläche einschneiden. Viele der rostigen Flecken, die z.T. massenhaft auf den Mikritflächen vorkommen, sind unter dem Mikroskop als diagenetisch umgewandelte Reste verschiedenster Wurmgruppen identifizierbar, wie z.B. Fadenwürmer (Nematoda), Plattwürmer (Platyhelminthes), Schnurwürmer (Nemertea) und Ringelwürmer (Annelida).

Meiobenthische Organismen und deren Spuren treten auf manchen Schichtflächen des Oberen Muschelkalks massenhaft auf. Die am häufigsten vertretene Organismengruppe sind Foraminiferen (Foraminifera), deren Spuren der erste direkte fossile Nachweis dieser einzelligen Lebewesen sind. Neben den genannten Würmern findet sich weit seltener eine Reihe von Gliedertieren (Arthropoda).


Abb. 2: Eine umkristallisierte Foraminifere (weißer Pfeil) hinterlässt ihre Kriechspur mit Einschnürungen in unregelmäßigen Abständen (Torrowangea). Sie ist mit einem pyritisiertem und limonitisierten Nematoden vergesellschaftet (roter Pfeil), der eine für ihn typische Sinuskurve erzeugt hat. (Maßstab = 5 mm).


Bedeutung:

Die Erhaltung der benthischen Fossilgemeinschaft zusammen mit ihren Spuren ist einmalig. Das reichhaltige Material aus dem Muschelkalk (bisher wurden mehrere tausend Fossilien in Weichteilerhaltung und deren Spuren gesammelt) enthält den ältesten Nachweis von freilebenden Fadenwürmern (Nematoda) und Strüdelwürmern (Turbellaria), sowie den ersten Nachweis von Schnurwürmern (Nemertea) im Mesozoikum. Insbesondere das häufige Vorkommen verschiedener Stämme als Meiofauna ermöglicht einen Einblick in die paläoökologischen Verhältnisse einer 240 Millionen Jahre alten Wattfläche. Die Erhaltung benthischer Tiere am Ende ihrer Spuren bietet die seltene Gelegenheit, die Erzeuger dieser Spurenfossilien zu identifizieren. Die Ergebnisse zeigen, dass die diskutierten Stämme bereits im frühen Mesozoikum in einer ähnlichen Vielfalt und Zusammensetzung vorhanden waren wie in rezenten Karbonatsystemen (z.B. den Schlickwattflächen am Arabischen Golf). Die neue Fossillagerstätte bietet die Möglichkeit, eine Reihe von Taxa in Weichteilerhaltung unmittelbar nach dem Massenaussterben an der Perm/Trias-Grenze nachzuweisen, was weitreichende Auswirkungen für phylogenetische Interpretationen hat.

Literatur:

KNAUST, D. (2007): Invertebrate trace fossils and ichnodiversity in shallow-marine carbonates of the German Middle Triassic (Muschelkalk). - In: BROMLEY, R.G., BUATOIS, L.A., MÁNGANO, M.G., GENISE, J.F. & MELCHOR, R.N. [eds.], Organism-sediment interactions: A multifaceted ichnology. SEPM Special Publication, 88: 221-238, 12 Fig., 1 Tab., 1 App.
KNAUST, D. (2007): Meiobenthic trace fossils as keys to the taphonomic history of shallow-marine epicontinental carbonates. - In: MILLER, W. III [ed.], Trace Fossils: Concepts, Problems, Prospects. - pp. 502-517, 7 Fig., Amsterdam (Elsevier).
KNAUST, D. (2008): Balanoglossites Mägdefrau, 1932 from the Middle Triassic of Germany: part of a complex trace fossil probably produced by boring and burrowing polychaetes. - Paläontologische Zeitschrift, 82 (4): 347-372, 10 Fig.; Stuttgart.
KNAUST, D. (in press): Remarkably preserved benthic organisms and their traces from a Middle Triassic (Muschelkalk) mud flat of Germany. - Lethaia.
KNAUST, D.; SZULC, J. & UCHMAN, A. (1999): Spurenfossilien in der Germanischen Trias und deren Bedeutung. - In: HAUSCHKE, N. & WILDE, V. [eds.], Trias — Eine ganz andere Welt. Mitteleuropa im frühen Erdmittelalter. - pp. 229-238, 10 Fig., München (Verlag Dr. Friedrich Pfeil).