Das besondere Fossil

Januar 2008- Ceratites flexuosus „ammonitische Sutur“
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Ceratites flexuosus
Oberer Muschelkalk, flexuosus-Zone, Phase a
Ammonitische Lobenlinie

Beschreibung:

Der in Deutschland mit seiner Fossilführung im Oberen Muschelkalk einzigartige temporäre Aufschluss Troistedt zwischen Erfurt und Weimar entstand 1993 und ermöglichte erstmalig für Thüringen den Blick auf die ungestörte Schichtenfolge von der Grenze des Mittleren zum Oberen Muschelkalk bis zur cycloides-Bank. Aufgrund der Fossilhäufigkeit begann sehr schnell eine intensive Sammleraktivität. Dabei stellte es bald heraus, dass besonders die Ceratiten der flexuosus- und sequens/pulcher-Zone zwar selten, aber dafür vertikal lückenlos zu finden waren. Eine einmalige Gelegenheit, die vorhandenen biostratigraphischen und paläontologischen Wissenslücken zu schließen. Um die Sammeltätigkeit auf ein wissenschaftlich fundiertes Niveau zu heben, wurde im August 1995 ein erstes lithostratigraphisches Profil aufgenommen. Die gezeichnete Schichtenfolge bildete die tägliche Arbeitsgrundlage für alle ernsthaft am wissenschaftlichen Erkenntnisprozess interessierten Sammler – die späteren Mitglieder des Trias Vereins. Der stets exakte Bezug auf Bank-Horizonte und „Tonplatten“-Zwischenschichten war Voraussetzung für das systematische Sammeln, Sichern und Registrieren aller Belegstücke. Auf diese Weise entstand quantitativ und qualitativ mit >700 exakt horizontierten Belegstücken die Voraussetzung zur jetzt abgeschlossenen statistischen Bearbeitung (REIN 2007 im Druck). Das Fossil des Monats Januar 2008 gibt aus dieser Publikation eine Vorschau über die genetische Bedeutung des Immigranten-Merkmals „ammonitische Sutur“ vom Einwandern bis zum Aussterben der neu entstandenen Biospezies „Ceratites nodosus“ in den Zeitformen (=Chronospezies) C. flexuosus und C. sequens/pulcher



Abb. 2: Ceratites flexuosus, 2,50 - 4,00 Meter über Tetractinella-Bank, Troistedt
Formen der Phase "a": a und b = ammonitische Lobenlinie; c = Lobenlinie mit aufsteigender Kerbung der Sattelhälse; d = Marginalsattel mit Kerbung



Abb. 3: Ammonitische Suturstrukturen

Die Fülle des in 9 Jahren gesammelten Belegmaterials ermöglichte die nochmalige Teilung der jeweiligen Biozone. Auf diese Weise konnten die evolutiven Veränderungen detaillierter in vier Phasen (a – b – c – d) erfasst und optisch sichtbar gemacht werden.

„G“ = ammonitische Lobenlinie; „H“ = aufsteigende Kerbung; „F“ = Einzelzacken
Mittelwerte „G“/“H“/“F“ in Prozent: „a“ = 23/36,5/3,5 ?=63,5 - „b“ = 14/41,5/10,5 ?=66 – „c“ = 6,5/30/10,5 ?=47 – „d“ = 3,5/18/8 ?=29,5

Das ungewöhnlichste, genetisch aber aussagekräftigste, Merkmal der Immigranten ist die Ausbildung der ammonitischen Lobenlinie mit gekerbten Sätteln. Der prozentuale Anteil innerhalb der heterogenen Fortpflanzungsgemeinschaft verringert sich von 23% in Phase „a“ auf 3,5% in Phase „d“ (siehe Abb. 3). Der überraschend schnelle Abbau dieser ammonitischen Sutur deutet darauf hin, dass es sich um ein rezessives Merkmal handelt. Der bemerkenswert große prozentuale Anteil an Sutur-Bildungen mit aufsteigender Kerbung der Sattelhälse („H“ = 36,5/41,5/30/18) kann nur mit Rekombinationsvorgängen innerhalb der Immigrations-Populationen gedeutet werden. Gleichfalls auf Rekombination zurückzuführen ist die Bildung von Einzelzacken bevorzugt auf den Ventralsätteln. Insgesamt reduziert sich der Anteil ammonitischer Lobenlinien-Strukturen von zwei Drittel der Individuen in Phase „a“ auf ein Drittel in Phase „d“.



Abb. 4: Ceratites spinosus, Isseroda

Wie nachhaltig dieses Merkmal jedoch im Genpool der Biospezies erhalten bleibt, zeigen die 17% rezessiver ammonitischer Sutur-Strukturen in der compressus-Population von Erkeln (REIN 2006) und der Anteil von 6% in der spinosus-Population in Thüringen (REIN 2004).



Abb. 5: Ceratites semipartitus, Hain

Sogar bei den letzten Formen der Ceratiten-Phylogenese den Dimorphen C. semipartitus/meissnerianus beträgt der rezessive Anteil noch 1%.

Literatur:

REIN, S. (2007 im Druck): Die Biologie der Ceratiten der flexuosus-, sequens/pulcher- und semipartitus/meissnerianus-Zone - Entstehung und Aussterben der Biospezies Ceratites nodosus - Veröff. Naturkundemuseum Erfurt, 26: --- , 32 Abb., 3 Profile, 6 Tafeln, Erfurt.