Das besondere Fossil
Oktober 2010- Coenothyris vulgaris in selektiver Verkieselung
Der im Muschelkalk überaus häufige Brachiopode Coenothyris kommt im Trochitenkalk bei Jena in einem besonderen Erhaltungszustand vor: Die ursprüngliche Kalkschale wurde während der Diagenese fast vollständig in Quarz umgewandelt, das angrenzende Sediment dagegen nicht.
Es ist ein Leichtes, solche Fossilien mit Salzsäure aus dem Gestein herauszulösen
In der Bildmitte zu sehen ist das Brachidium - der zu Lebzeiten kalkige, schleifenförmige Stützapparat des Verdauungsorgans. Er wird aus der inneren Schale gebildet und ist auf der (kleineren) Armklappe am Schloßrand befestigt. Die (größere) Stielklappe ist für den Stiel durchbohrt, woraus der ältere Name "Terebratel" von lat. terebrare = "durchbohren" herrührt.
Die voll entwickelte, rückwärts herzförmig eingebogene Form der Schleife kennzeichnet ein erwachsenes Tier.
Der Erhaltungszustand der selektiven Verkieselung
Die Interpretation verkieselter Fossilien ist nicht unproblematisch. Die feineren Schalenstrukturen können bis zur Unkenntlichkeit umgewandelt sein, die Präparation mit Säuren zerstört dann noch den Rest originaler Substanz.
So hatte KOSCHINSKY 1878 als Pionier bei der Präparation verkieselter Terebrateln aus dem alpinen Recoaro - vor allem, weil ihm unsere modernen Hilfsmittel noch nicht zur Verfügung standen - mit einigen schweren Irrtümern zu kämpfen.
Abb. 3a: Der Schliff durch Zahn und Zahngrube zeigt die unvollständige Verkieselung im Kern massiver Gehäuseteile.
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Abb. 3b: KOSCHINSKY interpretierte dies irrtümlich als 'Haftlamellen'.
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Aus heutiger Sicht wurde der nicht verkieselte Kern der massiven Zähne und Zahngruben nach dem Aussäuern als primärer Hohlraum fehlinterpretiert. Bereits KIRCHNER wies 1934 auf die morphologische Unhaltbarkeit der "Lamellen" hin.
Man sollte also den Erhaltungszustand sehr sorgsam und mit allen verfügbaren Mitteln dokumentieren, am einfachsten mit einem Folienabzug vom polierten und danach schwach geätzten Anschliff der Gesteinsprobe. Eine Färbung des Carbonats mit Eisen-(III)-Chlorid-Lösung hebt den Kontrast zum chemisch inaktiven Quarz (im Bild weiß).
In der unteren Gehäusehälfte hat sich Sediment abgesetzt, im verbleibenden Hohlraum darüber bildete sich im Laufe der Diagenese grobkristalliner.Calcit. Je nach kristalliner Orientierung werden die Kristallite unterschiedlich stark eingefärbt. Die deutliche Trennung beider Bereiche stellt eine "fossile Wasserwaage" dar. Oberhalb der beiden Brachidiumspangen zeichnen die Sedimentpartikel vermutlich Reste des Weichkörpers nach.
Literatur:
Füchtbauer, Hans (1988): Sedimente und Sedimentgesteine. - E. Schweizerbarth'sche Verlagsbuchhandlung 1988.
Kirchner, H. (1934): Die Fossilien der Würzburger Trias: Brachiopoda. Neues Jb. Mineral.,Geol. Paläontol., Abt. B 71: 11-136.
Koschinsky, Carl (1878): Beiträge zur Kenntniss von Terebratula vulgaris Schloth..
Zeitschrift der Deutschen Geologischen Gesellschaft, Band 30. p. 375-386, 1 pl.
PUHLMANN, P. W., Die selektiven Verkieselungen des Trochitenkalks bei Jena. Verbreitung und Fossilführung. Beitr. Geol. Thür., N.F. 5, 1998, 73-90